KROATIEN – eine vinophile Herausforderung ?

Dieser Frage ging man im Vorarlberger Sommelierverein nach, und organisierte bei Weinakademiker, Mag. JOHANNES  HENGL in seiner Weinkellerei „Johannes Thurnher“ in Dornbirn eine Verkostung kroatischer Weine der Insel Hvar.

Der bekannte Fachjournalist WALTER TUCEK reiste mit Weinhändler GORAN RESTOVIC ins Ländle, um die bei uns noch weitgehend unbekannten Qualitäten Kroatiens zu präsentieren.

Walter Tucek hat in einem umfangreichen Vorbericht hervorragende, informative Arbeit geleistet, das Gebiet ausführlich besucht und daher besonders interessante Eindrücke gewonnen.  Nun Auszüge seines Berichts darüber :

 

 

Mit achtzig Kilometern ist Hvar eine der längsten Inseln der Adria – ein besonderer Ort für autochthone Weine. Das Eiland hinterlässt nicht nur mit ihren Weinen einen langen Abgang.

Wieso eigentlich Hvar ?  Natürlich des Weins und der Natur wegen… Als wir im letzten Winter eine Verkostung der autochthonen dalmatischen Sorten Plavac mali (Kleine Blaue)

Organisierten, war das Ergebnis sowohl eindeutig als auch anregend:  Die besten Weine stammten von Hvar.

Es ist eine Wein-, Natur- und Duftinsel. Von überall wehen einem Wolken von Rosmarin, Lavendel, Oregano, Salbei, Liebstöckl, Anis oder Fenchel entgegen, vermischt mit dem harzigen Aroma der Pinien und dem Geruch des heißen Kalksteins.  In Südfrankreich sagt man dazu „Garrique“, und wie in der Luft findet man es auch im Wein.  Hier auf den adriatischen Inseln könnte man dieses Aromabündel vielleicht „Garic“ nennen.

Spaß beiseite: Es ist jetzt erst etwas mehr als hundert Jahre her, als es auf der Insel Hvar gute 5.000 Hektar Reben gab. Dann kam die Reblaus. Heute sind es gerade einmal 350 Hektar.

Es ist erst kürzlich bewiesen worden, dass Zinfandel oder Primitivo oder Dobrici oder Crlenjak Kastelanski der direkte Vorfahr der heute wichtigsten autochthonen Rotweinsorte Dalmatiens, des Plavac mali ist.  Der locker- und dunkelbeerige Schatz der Weingärten von Hvar wird oft in bodennaher Stockkultur gezogen und auf geeigneten Böden nur einmal im Leben gepflanzt: Weingärten mit 60, 70, 80 oder mehr Jahren sind keine Seltenheit.

Bei den Weißweinsorten gibt es mit Posip (entspricht laut Hugh Johnson der Furmint)

Bugdanusa und Vugava (fast nur auf der Nachbarinsel Vis, wurde von Jancis Robinson als Viognier bezeichnet) eine eigenständige Sortenpalette.

Interessante Weine gibt es auch als Cuvées mit internationalen Rebsorten wie Sauvignon blanc oder Gelber Muskateller (Zuti Muskat).

Etwas „Internationalität“ wird in Sachen Rotwein ebenfalls spürbar, etwa beim Sveti Klement von Tomic, dessen Cabernet und Merlot auf den Hvar vor gelagerten  Otoci (Hölleninseln) voriges Jahr in Ertrag gekommen sind.  Sonst aber gibt auf Hvar eindeutig

Plavac mali den Ton an – was man im Sinne von unverwechselbaren, sprich gebietstypischen Weinen nur begrüßen kann.

Es wird heute um die „Nationalsorte“ ein gewaltiger Kult betrieben.  In den begehrtesten Lagen kostet ein Kilo Trauben 3 Euro, und man braucht bis zu drei Kilo der sehr trockenen Beeren pro Bouteille. Deshalb ist wirklich guter Plavac nicht gerade billig.

Die kultigsten Lagen für große Rotweine finden sich an der Südküste und sind nur durch einen abenteuerlichen, einspurigen Tunnel zu erreichen: Nach der Ortschaft Zavala, wo vor  allem Weißweine Wachsen, erreicht man Ivan Dolac. Mancher mag vermuten, dass es sich dabei um einen Winzer handelt – weit gefehlt: Ivan Dolac ist ein Ort und bedeutet „Senke des Ivan“.  Über dem Dorf am Meer erstrecken sich die Weingärten bis auf eine Höhe von 500 Metern auf dem steil aufragenden Kalkstein-Felsmassiv.

Ivan Dolac ist ein „Grand Cru“ des Plavac, ähnlich wie Dingac auf der nahen Halbinsel Peljesac.

Hier wie dort liegen die Weingärten in abenteuerlichen Steillagen und waren vor dem Tunnelbau nur mit Eseln  oder Mulis über den Grat des zum Meer abfallenden Berges zu erreichen.

Wer einmal im Weinberg von Ivan Dolac herumspaziert ist, dem ist klar, warum die Trauben von diesen Stöcken teuer sind. Die Reben haben hier nämlich vor allem eines: Stress.

Der Boden ist karg, die Humusschicht nur wenige Zentimeter dick, und dann beginnt der Kalkstein.   Die Steilheit ist mit manchmal mehr als 60% abenteuerlich zu nennen.

Vom Frühsommer bis zur Lese regnet es so gut wie nie, sodass die Pflanzen für Wasser auf eine gute Wurzelbildung angewiesen sind.

Durch die niedrige Stockkultur wirken die Rebstöcke wie Bonsais, und sind tatsächlich sehr kleinwüchsig.

Die Weine dieser südlichen Sorte sind groß, manchmal barock zu nennen, mit einer prägnanten Würze und einer klaren, waldbeerigen Frucht.  Als wichtigster Erzeuger ist

PZ SVIRCE zu nennen, der vom Ivan Dolac mehrere Qualitäten anbietet, klassisch im Stahltank und mit 18 oder 24 Monaten in neuen französischen Barriques ausbaut.

Auch als „KASNA BERBA“, Spätlese, womit in besonderen Jahren fast schon an Vintage Ports erinnernde rote Süßweine, zeigt der Plavac mali vom „Grand Cru“ Ivan Dolac Charakter und Terroir. Investitionen wie ein moderner Kombi-Gärständer aus Eiche und Stahl wird Schritt für Schritt gesetzt.  Die größten Investitionen liegen aber für PZ SVIRCE – GF Andrija Caric in den Trauben und den Verträgen mit den Traubenlieferanten.

Bei einer Stockdichte von ca. 7000 und einem Ertrag von ca. 600 g pro Stock ist der Ertrag mit über 4000 Kilo gar nicht so niedrig; wenn daraus aber nur 1500 Flaschen werden, schon.

Und es sollte erwähnt werden, dass in Ivan Dolac seit jeher niemand Pesti-, Fungi- oder sonstige –zide verwendet, hier ist es sogar dem Schimmelpilz zu karg.

Zlatan Plenkovic ist Winzer mit einer Vision und dem ausgeprägten Talent, diese umzusetzen: Heuer ist es 20 Jahre her, dass er unter eigenem Namen Qualitätsweine in die Flasche füllt.  Zlatan Plavac, unter seinem Vornamen sind die PLENKOVIC-WEINE zu den bekanntesten Vertretern der Sorte geworden.

Für das Verständnis der Etiketten (meist ist schwer abzulesen, wie der Winzer heißt) ist es noch erschwerend, dass in Kroatien noch eine Stufe über dem Qualitätswein definiert ist:

Vrhusko Vino, zu Deutsch Spitzenwein.

Die eigenen Rebflächen, die den Hang von Sv. Nedjela prägen, sind noch viel zu klein, um die Nachfrage zu decken. So wird auch viel mit zugekauften Traubengearbeitet, allerdings nicht im Spitzenbereich.

Vor drei Jahren hat Plenkovic in Pronajna bei Makarska auf dem Festland einen neuen Weinberg mit Plavac, Merlot, Shiraz und Zinfandel angelegt, dessen Besonderheit es ist, Eine einheitliche Fläche von 17Hektar zu bilden, was in Dalmatien eine ausgesprochene Seltenheit ist.

Auf Hvar gibt es für jeden Besucher die richtige Gegend: Im Westen um Sucuraj besonders naturbelassen, ist die Insel im Osten rund um die Stadt Hvar sehr touristisch.

Die meisten der interessanten heimischen Tropfen im Vertigo stellten sich als vom Weingut Tomic stammend heraus. Andro Tomic hat starke dionysische Züge und ist auch sonst stark im Wein verwurzelt. Nach dem Studium der Önologie in Zagreb und Paris ist er als früherer Partner von Plenkovic und PZ Svirce für den Aufschwung von Hvar als interessantes Weinbaugebiet mit verantwortlich.

Mit der Errichtung eines neuen Kellerei- und Präsentationsgebäudes mitten in Jelsa, das alle Stückerl spielt, zeigt Tomic großes Vertrauen in seinen Wein: Denn bei der Errichtung wurde auf Förderungen verzichtet.  Auf den erst seit kurzem erhältlichen „SV KLEMENT ROT“

(50% CS, 40% M, 10% CF) ist man international aufmerksam geworden.

Tomic stellt auch hochinteressante Süßweine großen Formates her, vor allem aber haben die kraftvollen, facettenreichen Weine des „Touriga Nacional“ Dalmatiens, Plavac mali  überzeugt.

Folgende Weine wurden verkostet:

Zlatan Plavac  2005

Zlatan Otok-Plenkovic, Insel Hvar       13,5% 

Ivan Dolac  2004

Badel1862-Kellerei Svirce, Insel Hvar 14,1%

Plavac Mali Barrique  2004

Bastiana – A. Tomic, Insel Hvar          13,7%

Zlatan Plavac Barrique 2004

Zlatan Otok-Plenkovic, Insel Hvar       14%

Ivan Dolac Barrique 2004

Badel 1862-Kellerei Svirce, Insel Hvar            14,1%

Zlatan Plavac  “Grand Cru”  2001

Zlatan Otok-Plenkovic, Insel Hvar       15%

Dingac  2004

Badel 1862-Kellerei Dingac, Peljesal   14%

Die Verkostung, die natürlich ganz individuell gewertet werden soll und muss, zeigt aber wieder einmal deutlich was uns am europäischen Weinsektor noch alles erwarten wird.

Diese Weine der Insel Hvar haben ein großes Qualitätspotential gezeigt, das durchaus noch steigerungsfähig ist, aber bereits wunderbar trinkbare Weine ergibt.

Der Lage wegen zählen die Weine nicht zu den Leichtesten, haben aromareiche Düfte, volle, kräftige Körper, viel Harmonie und Reife und werden oft zu “Gaumenschmeichlern“.

Ein großes Dankeschön an Johannes Hengl, Walter Tucek und Goran Restovic für die Möglichkeit, diese Weinwelt Kroatiens ein wenig kennen zu lernen.

Mit freundlichen Grüßen aus Dornbirn,

                                                                       Willi Hirsch